BASSGEGENKOPPLUNG
Ohne das Prinzip der Gegenkopplung wäre die heutige 
Elektronik nicht denkbar. Auch bei Lautsprechern hat dieses Prinzip 
wegen der unumstrittenen  Vorteile Einzug gehalten. Leider sind solche 
Lautsprecher aufgrund des mechanischen und elektrischen Mehraufwandes 
noch sehr teuer. Aber es geht auch anders
Mit Lötkolben und Skalpell
Hier  wird  ein  gegengekoppelter  Basslautsprecher  beschrieben,  der  einen  Vergleich  mit  Industrieprodukten  nicht  scheuen 
braucht. Dieser Basslautsprecher kann als Subwoofer oder als Bass-Chassis in einer 3- oder 4-Weg-Box  eingesetzt werden.
Seit  Thiele  und  Small  ihre  Lautsprecher-Theorie  veröffentlichten,  gelten  Lautsprecher - Systeme  nicht  mehr  als  unbekannte 
Wesen. Boxen seriöser Hersteller werden nicht mehr nach der Methode ,,Versuch und Irrtum" entwickelt, sondern berechnet 
und dann gehörmässig abgestimmt. Geschlossene Boxen besitzen nach R. Small eine Übertragungsfunktion wie ein Filter 2. Ordnung.  
Bassreflex- und Transmissionline - Lautsprecher  entsprechen  Filtern  4.-6.  Ordnung.  Aufgrund  dieses  prinzipiellen 
Unterschieds  wurde  hier  als  Ausgangsbasis  für  eine  Lautsprecher-Regelung  ein  Lautsprecher  im  geschlossenen  Gehäuse 
gewählt.  Ein Filter wird durch die Güte Q und die Resonanzfrequenz  f bestimmt.  Gleiches gilt auch für ein Lautsprechersystem, 
hier heißen die Größen Qtc (t für total, c für closed box) und fc.  An ein ideales, universelles Basslautsprecher-
System werden folgende Forderungen gestellt:
Qtc � 0,5 - 0,7   I   Fc < 30 Hz    I   Gehäusevolumen < 100 L     I  obere Grenzfrequenz   > 300 Hz   I   Klirrfaktor < 1% 
Ein  passiver  Lautsprecher  ist  nicht  in  der  Lage,  alle  Forderungen  zu  erfüllen.  Besonders  bei Qtc  und  fc  werden 
Kompromisse    eingegangen.  Aktive  Lautsprecher -Systeme  bieten  schon  mehr  Möglichkeiten,  dem  Ideal    näher zukommen.   
,,Feedforward -Module"    und  Frequenzgangentzerrung  wie beim 
,,Presto Subwoofer"  sind erste Versuche dafür.
In der Elektrotechnik  fällt  dieses  Schaltprinzip    unter  den  Begriff  ,,Steuerung".  Grundsätzlich  besser  sind  geregelte Systeme,  die 
aber leider nur zu  häufig zu  Schwingungen   neigen. An  einem konkreten  Beispiel  beschreibt  dieser Artikel  die Schwierigkeiten 
und natürlich die Lösungen einer Lautsprecher-Gegenkopplung und vergleicht zum Schluss das ungeregelte 
mit dem geregelten Lautsprecher -System.
Blockschaltbild

Bild 1. Blockschaltbild der Bassregelung mit modifiziertem Chassis.
Eine solche  Regelung  erreichen wir durch die Gegenkopplung eines vom Schalldruck abhängigen Signals auf den Eingang der Schaltung.  
Hier wird das Gegenkopplungssignal  mit dem Eingangssignal  verglichen, und bei Abweichungen wird der Lautsprecher  entsprechend nachgeregelt.  
Zur Gewinnung des Gegenkopplungssignals  verwenden wir einen massearmen  Beschleunigungsaufnehmer, der an der Lautsprechermembran  befestigt wird. 
Er erzeugt eine Spannung, die proportional zur Membranbeschleunigung und         damit        zum Schalldruck   ist.    Dieses Signal wird über einen Regelverstärker      
auf     den Eingang zurückgekoppelt. Damit  erhalten   wir   das Blockschaltbild in Bild 1.
Der erste Block entspricht der Schaltung in Bild 3 und wird noch ausführlicher erklärt. Es folgt ein Endverstärker, der nur die Bedingung von U1/Ue
 
= V = 33 erfüllen muss. 
Eine höhere Verstärkung vergrößert auch die Schwingungsneigung. Eine Verkleinerung stellt aber wieder die richtigen Verhältnisse her.
Die Leistung des Mini-Crescendos stellt wohl die untere Grenze dar, nach oben wird die Leistung nur durch die maximale Lautsprecher-Leistung begrenzt.
Der  Lautsprecher   (LS),   der  Beschleunigungsaufnehmer   (BA)   und der  Impedanzwandler   (IW)   befinden sich  im Boxengehäuse. Auf  die  Auswahl  des  
Lautsprechers   und  Beschleunigungsaufnehmers   und  auf  die  notwendigen mechanischen Modifikationen wird in einem gesonderten Abschnitt eingegangen.

Schaltung
Zum Experimentieren  bauen Sie am besten die Schaltung nach Bild 3   auf.   IC2   ist   ein  einfacher Eingangsaddierer,   der  aus  dem rechten   und  linken  Kanal  ein
Monosignal erzeugt. Das folgende Tiefpassfilter, aufgebaut  mit IC3 und IC4,  fand schon öfters in Elektor Verwendung. Mit IC5 ist der   Regelverstärker    aufgebaut.
Die Dimensionierung der Bauteile R9,   C9   und  R11   bestimmen wesentlich   das   Übertragungsverhalten    des  gesamten    Lautsprecher-Systems. Auf die richtige
Dimensionierung wird später im Kapitel Abgleich eingegangen. Den Additionspunkt im Blockschaltbild  bildet IC6. Etwas merkwürdig können einem die
zwei Tiefpässe mit Rl6 
/ C11 und R17 / C12 erscheinen.  Sie dienen dazu, die Schwingneigung  zu unterdrücken und sind unbedingt notwendig.
Wer es sich zutraut, kann auch den Impedanzwandler IC7 weglassen und die zwei Tiefpässe unter Berücksichtigung des Eingangswiderstandes des Endverstärkers neu berechnen.

 
Modifikationen am Lautsprecher

Bisher  beschränkte  sich  der Nachbau des gegengekoppelten  Lautsprechers  auf einfache Lötarbeiten,  welche dem Elektroniker bereits vertraut sind. 
Aber auch die mechanischen Änderungen am Lautsprecher sind nicht schwierig auszuführen.
Wenn Sie über einen Wobbelgenerator,  ein Millivoltmeter, einen Phasenmesser,  einen X-Y-Schreiber  und über Zeit verfügen und sich in der Gegenkopplungstheorie    
auskennen, können Sie auch jeden anderen Bass -Lautsprecher für diese Gegenkopplung benutzen. Ansonsten verwenden Sie bitte den PSL 320I400 von Isophon. 
Zum Zeitpunkt der Entwicklung dieser Gegenkopplung war dieser Lautsprecher sehr preisgünstig und lieferte den größten Schalldruck bei tiefen Frequenzen im 
Vergleich zu den entsprechenden Audax-, Dynaudio-, Peerless und Scan-Speak-Chassis. Außerdem zeigte sich, dass er mechanisch extrem robust ist.
Einen einfachen Beschleunigungsaufnehmer findet man in jedem Piezo-HT.  Mit einem scharfen Messer oder besser einem Skalpell wird die Membran am Rande ausgeschnitten. 
Die Anschlussdrähte werden jetzt an der Lötöse (nicht am Kristall) abgelötet  oder abgekniffen. Wenn Sie  nun die ca.  40  mm große Membran auf die Größe des Piezo-Plättchens 
zurechtschneiden, haben Sie den fertigen Beschleunigungsaufnehmer (Foto 1).
Bevor Sie sich an den Einbau in den Lautsprecher begeben, sollten Sie alle Arbeitsmaterialien vorher zurechtlegen, denn der Lautsprecher sollte nur so kurz wie möglich geöffnet sein. 
Es besteht die Gefahr, dass sich im Luftspalt Schmutz ansammelt. Für die weitere Vorgehensweise gibt es zwei Möglichkeiten: Sie können den Piezo bzw. die HT-Membran auf 
die Kalotte des PSL 320I400 oder dahinter  kleben. Beide Möglichkeiten sind gleichwertig, wenn Sie eine Lautsprecherabdeckung benutzen.  Die Befestigung  hinter der Kalotte  
ist allerdings optisch  ansprechender und bietet  mehr Schutz. Aus diesen Gründen soll sie hier erklärt werden. Die Kalotte ist mit Heißkleber fixiert und kann mit Wärme leicht 
gelöst werden. Dazu setzen Sie den Lötkolben ans Messer (siehe Foto 2) und schieben das Messer zwischen Membran und Kalotte. Das heiße Messer kann leicht eindringen 
und die Verbindung lösen. Unter leichtem Heben und Senken werden das Messer und der Lötkolben einmal rund geführt.  Die  Verbindung Membran -Kalotte ist damit bereits fast gelöst. 
Mit einem leichten Ruck können Sie die Kalotte anschließend ganz lösen. Am besten legen Sie nun den Lautsprecher (Magnet nach oben) beiseite. 
Der Luftspalt ist so vor Schmutz geschützt.
Bevor der Beschleunigungsaufnehmer montiert wird, muss noch die Kalotte  stabilisiert  werden. Dazu genügt eine Schicht
Epoxydharz mit Glasfasermatte. Im gleichen Arbeitsgang wird die Membran des Piezo -Hochtöners aufgeklebt (Foto 3).
Nach einer kurzen Trockenzeit können Sie zwei hochflexible Litzen an die kurzen Drähte des Piezo-Kristalls löten. Diese
Drähte müssen auch an die Kalotte  geklebt werden, damit später bei den Bewegungen der Lautsprechermembran nichts klappert.
Zum Befestigen der Kalotte  ist eigentlich jeder Haushaltskleber, wie Uhu, Pattex o.ä. geeignet.  Die Verwendung eines
Heißklebers bietet allerdings den Vorteil, dass er in der oben beschriebenen Weise wieder gelöst werden kann. Bevor die
Kalotte eingesetzt wird, muss ein kleines Loch in die Membran gestochen werden, durch welches die Anschlussdrähte geführt
werden.  Diese beiden  Drähte werden ähnlich wie die Schwingspulendrähte an der Membraninnenseite befestigt und zur
Platine des Impedanzwandlers geführt. Eine ungünstige Befestigung der Drähte führt auch hier zum Klappern während der
Musikwiedergabe und kann noch korrigiert werden.
Auf Foto 4 können Sie ein modifiziertes Chassis einschließlich Impedanzwandler sehen.
Abgleich
Den erfolgreichen Einbau des Beschleunigungsaufnehmers  können Sie testen, indem Sie an die Anschlussdrähte  des Piezos ein Signal legen. 
Der Piezo gibt jetzt irgendwelche Geräusche von sich. Der nächste Schritt  besteht darin, die Teile gemäß Bild 1 anzuschließen und R11 und C9 
kurzzuschließen (am besten mit einem Schalter). Die Regelung ist nicht in Betrieb, und die Schaltung kann eingeschaltet werden. Wenn Sie den 
Schalter nun kurz öffnen, gibt es drei Möglichkeiten:
1. Es kommt kein Ton aus dem Lautsprecher:
2. Der Lautsprecher schwingt auf tiefen Frequenzen (< 100 Hz).
3. Der Lautsprecher schwingt auf hohen Frequenzen (> 1 kHz).
Im ersten Fall funktioniert der gegengekoppelte Lautsprecher ordnungsgemäß, und ein Abgleich erübrigt sich. Das ist der
Normalfall. Wenn Fall Zwei eintritt, ist der Piezo falsch angeschlossen. Hier hilft ein Vertauschen der beiden Anschlussdrähte am Eingang des Impedanzwandlers.
Es ist möglich, dass durch Lautsprechertoleranzen  und verschiedene  Klebungen  des Piezo der Fall 3 eintritt.  Durch ein
Verringern der Gegenkopplung lässt sich diese Schwingneigung  beseitigen.  Es empfiehlt sich, zuerst C12 zu vergrößern (bis
1,8 nF), dann C11 (bis 1 uF). Falls diese Veränderungen noch nicht zum erwünschten Erfolg führen, sollte R11 verkleinert
werden und 
/ oder C9 vergrößert werden. R11 verschiebt die untere Grenzfrequenz fc nach oben und C9 verschlechtert etwas
die Güte Qtc.
Dieser gegengekoppelte Lautsprecher wurde allerdings schon mehrmals nachgebaut. Bisher sind keine Probleme mit den
Schwingungen  bekannt  geworden.  Das Lautsprechersystem  schwingt  natürlich immer mit der vollen Leistung  des
verwendeten Verstärkers,  und erst bei Verstärkern mit einer Leistung  von über 200 W empfiehlt  es sich, mit kleinerer
Leistung zu testen.
Messergebnisse
Erst die Messergebnisse und ein Hörtest zeigen, ob sich der Aufwand gelohnt hat. Die Messungen 1-3 und Bild 4 zeigen die hervorragende Qualität   des 
gegengekoppelten Lautsprechers. Diese Ergebnisse sind nur mit kritischem Verstand mit den Messergebnissen der Lautsprecherhersteller zu vergleichen, 
denn die Messpraxis  hat gezeigt, daß die veröffentlichten Daten eher dem Wunschdenken als der Realität entsprechen.
Bis zu diesem Zeitpunkt war der gegengekoppelte Lautsprecher nichts anderes als Gestalt gewordene Theorie, wobei alle
Messungen noch nichts über die Qualität eines Systems aussagten. Erst ein Hörtest konnte weitere Aufschlüsse bringen.
Also wurde ein 25.000 DM teurer Referenz-Lautsprecher (Backes & Müller) beschafft, und es wurde zu einem Hörtest
eingeladen. Alle ,,Freaks" waren der Ansicht, dass dieser gegengekoppelte Lautsprecher im Tieftonbereich dem Referenzsystem in nichts nachstand. 
Diese relativ einfache Modifikation an einem Basslautsprecher gibt die Möglichkeit, ein System zu schaffen, welches an das theoretisch Machbare nahe herankommt.
